Freitag, 13. Juli 2012

Istanbulum

So viel zu schreiben, aber ich weiß nicht wie.
Es ist 4 Uhr nachts. Stickige 30° in meinem Dachzimmer, nur der Kühlschrank brummt leise vor sich hin. Ich müsste dringen mal duschen. Oder schlafen. Oder meinen Koffer packen. Morgen gehts aus dem Ferienhaus zurück nach Istanbul- eine letzte Nacht.
Letzes Mal hab ich über Deutschland gebloggt und heute wollte ich über Istanbul schreiben- etwas was ich schon viel zu lange vor mir hinschiebe, weil ich nicht weiß wie und wo ich anfangen soll.
Ich habe die Art der Istanbuler, Istanbul für die schönste Großstadt der Welt zu halten, ohne jemals eine andere gesehen zu haben am Anfang für ignorant und eingebildet zu haben, aber ... was soll man sagen?
Ein Jahr hier zu leben hat mich davon überzeugt, dass es einfach wahr ist.
Weil es zwischen allem liegt.
Asien und Europa. Westen und Osten. Moderne und Traditionen. Kopftuch und Minnirock. Shoppingcenter und Bazar.
Und genau das macht es so schwer Istanbul zu erklären. Du musst es leben. Du musst sehen, was passiert wenn zwei der ansässigen Fußballclubs gegeneinander spielen, wie das Wetter den Bosporus verändert und ab wann ein Bus wirklich voll ist. Du musst einmal auf einem Bazar gehandelt haben und einmal vom morgendlichen Muezzin Gesang aufgeweckt worden sein.
Ich weiß nicht wie ich es erklären kann. Istanbul verschluckt dich mit seinem Verkehr, seiner Geschwindigkeit, den ständig hupenden Autos und den überall aus dem Boden schießenden Hochhäusern aber scheint sich plötzlich in Zeitlupe zu bewegen, sobald du in einen der Busse einsteigst.


Und so sehr ich das alles verflucht habe- Verkehr, der bei der ersten Schneeflocke zusammenbricht, Obstverkäufer die so laut schreien dass man sie zwei Straßen weit hören kann, Hitze, die alles nach Asphalt riechen lässt, im Bus aufzustehen für Ältere und mit kurzen Shorts gemustert werden wie ein Alien- so sehr weiß ich jetzt schon, dass ich wie unglaublich ich das alles vermissen werde.

 
 

Donnerstag, 5. Juli 2012

Freiheit stirbt mit Sicherheit

Wo ich jetzt das ganze Jahr über mich und die Türkei geredet habe, dachte ich, ich schreibe heute mal was über Deutschland. Manchmal braucht man nämlich ein bisschen Entfernung um gewisse Dinge zu erkennen, und genau so ist es mir in dem Jahr auch gegangen. Ich war nie solz darauf Deutsche zu sein und werde es wahrscheinlich auch nie. Aber inzwischen bin ich froh drüber in Deutschland geboren geworden zu sein, auch wenn ich denke, dass immer noch viel zu viele Dinge falsch laufen, vor allem was Schule und Bildung angeht. Aber davon will ich lieber gar nicht erst anfangen, über unfähige Lehrer und G8 meckern schon genug Leute (obwohl man da ja eigentlich gar nicht genug meckern kann). Was ich sagen wollte ist, dass ich froh bin, dass Deutschland zu einem Land mit unglaublich vielen Freiheiten geworden ist. Ich habe hier gelernt, dass es nicht überall normal ist, nachts alleine als Mädchen raus gehen zu können. Natürlich werden jetzt irgendwelche Menschen einwenden, dass das in Deutschland auch nur in so verschnarchten Kleinstädten wie Hameln geht, aber ich glaube selbst in Großstädten wie Berlin ist die Grundeinstellung zu solchen Dingen einfach anders. In der Türkei geht Sicherheit eindeutig vor Freiheit, aber in Deutschland würde ich das Risiko nachts rauszugehen jederzeit eingehen.

Blablabla Die Ersten haben genug von meinem Rumgeschwafel und öffnen Facebook

Und  dann habe ich heute noch was anderes im Internet gefunden. Ein Australier der die Top 100 Facts über Deutsche aufgelistet hat, und weil ihr euch das bestimmt nicht alles durchlesen wollte, hab ich mal den Punkte rausgesucht der mich am meisten zum Nachdenken gebracht haben.

Germans do not see a need for conversational subtext. It is a waste of time and Germans do not like wasting time. If you cannot say it as directly as possible, do not say it at all.

 Deutsche sehen keinen Grund dafür Andeutungen in einem Gespräch zu machen. Es ist verschwendete Zeit und Deutsche mögen es nicht, Zeit zu verschwenden. Wenn du es nicht so direkt wie möglich sagen kannst, sag am besten gar nichts.

Genau das war es, was es mir hier so unglaublich schwer gemacht hat. Türken lieben es vor jeden Satz ein Sen istersen -Wenn du willst- Sen bilirsen - Du musst es wissen- zuhängen. Ich habe wahnsinnig lange gebraucht um aus einem "Wenn du willst kannst du dir ein anderes T-Shirt anziehen, es wird kalt werden" ein "Zieh dir nen anderes T-Shirt an, dein Ausschnitt ist zu groß" rauszuhören.

Und jaaa... das war schon wieder so ein ewiglanger Post, aber ich versuche wirklich mich kurz zufassen. Kurzzu fassen. Kurz zu fassen. Naja wie auch immer. Als Entschädigung poste ich heute Abend mal wieder nen paar Fotos. Obwohl ... vielleicht habt ihr nach dem letzen Video ja schon wieder genug von meinem Anblick.

Melancholisch ist mein Dauerzustand

Es gibt noch so viele Dinge die ich euch erzählen will, aber entweder ich bin zu beschäftigt oder müde.
Im Moment eher letzeres.

Sonntag, 1. Juli 2012

Size 36

Tja wenn sich alles so dem Ende zuneigt hier, die ersten Austauschschüler wieder in ihre Länder und man selber in Gedanken immer öfters nach Deutschland fliegt, fragt man sich natürlich:
Wieso, weshalb, warum hab ich das jetzt gemacht?
Hat es sich gelohnt?
Was hab ich gewonnen und was verloren? Und was hat sich ganz einfach verändert?
Und weil man in den Ferien (Hahaha ich wollte nur das Wort Ferien erwähnen... Ferieeen) natürlich viel Zeit hat um sich mit solchen tiefsinnigen Fragen auseinander zusetzen, dachte ich mir, ich beantworte die einfach mal. Nach und nach. Post für Post.

Und da fang ich einfach mal mit der offensichtlichsten Veränderung an.
Nämlich dass ich einfach nicht mehr Size S oder 36 bin.
Und während die Mädchen jetzt wahrscheinlich nur weiterlesen um sich selber dünner zu fühlen und bei den Jungs mit einem "nicht-noch-eine-die-über-ihr-Gewicht-jammert" der Mauszeiger auf das kleine rote X rechts oben zuwandert, kann ich nur sagen, dass ich nicht vorhabe mich zu beschweren.
Weil dieses Jahr zu viel wert war, um es damit zu verbringen sich mit Diäten und in Fitnesscentern rumzuschlagen.
Und weil türkisches Essen zu lecker ist um nach einem Teller abzulehnen.
Und weil man alles mitnehmen muss, was man bekommen kann.
Börek, Baklava, Lahmacun, Cigköfte, Köfte, Döner, Kebab, Pide, Kumpir, Iskender, Simit, Gözleme.

Aber eines wird sich nie verändern. Auch wenn ich noch so viel Fleisch gegessen habe, es wird immer das Gefühl bleiben, das ihr wahrscheinlich hättet, wenn ihr euren eigenen Hund aufessen würdet.


Auch wenn das bei dem Video wahrscheinlich nicht so rüberkommt.